Kann Resident Evil 4 auch heute noch überzeugen? Ein Essay zum Remake des Klassikers

Nach dem viel gepriesenen Remake des zweiten Ablegers der klassischen Survival Horror und Action Adventure Serie Resident Evil und einer eher durchwachsen bewerteten Neuauflage des dritten Teiles wagte sich Capcom nun erneut an ein Remake eines ihrer Spiele. Hierbei handelt es sich um das bei Kritikern heiß geliebte Resident Evil 4. Das im Jahre 2005 erschienene Original begeisterte seinerzeit bereits Fans der Serie wie auch neue Spieler mit einem stärkeren Fokus auf die Action, wobei der Horror Aspekt der Serie jedoch für Resident Evil-Verhältnisse nur marginal beiseite wich. Immer noch gilt das nunmehr 18 Jahre alte Spiel als eines der besten Spiele aller Zeiten, weswegen es auch heute noch auf Platz 30 der Metacritic All-Time Liste der Videospiele auffindbar ist. Doch kann das Remake eben dieses gigantischen Erfolges eine ebenso große Begeisterung auslösen?

Wie auch im Original schlüpft man im Remake von Resident Evil 4 in die Rolle von Leon S. Kennedy, welcher die Tochter des U. S.-amerikanischen Präsidenten retten soll. Diese befindet sich Information zufolge in einem spanischen Dorf, welches weit fernab jeglicher Zivilisation gelegen zu sein scheint. Bereits bei seiner Ankunft bemerkt Leon dabei, dass mit den Bewohnern des Dorfes etwas nicht stimmen kann. Und diese Vermutung sollte sich bewahrheiten, als die hypnotisiert-wirkenden Dorfbewohner beginnen ihn attackieren. Zunächst kann Leon die Angreifer abwehren, zunehmend wird ihm jedoch klar, dass sie wohl keine Menschen mehr sind, sondern unter einer ähnlichen Infektion leiden, wie die Opfer des T-Virus Ausbruches in den vorherigen Resident Evil Teilen.

Das originale Resident Evil 4 erschien zu einem Zeitpunkt, als sich die aktuelle Konsolengeneration (namentlich die Playstation 2 und der Gamecube) bereits dem Ende zuneigte. Capcom selbst erzielte mit den Vorgängern Resident Evil: Code Veronica und Resident Evil 3 einen großen Erfolg bei Kritikern; die Erwartungen an den nächsten Hauptteil der Reihe waren also entsprechend hoch. Jedoch schaffte es Resident Evil 4 die Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern auch zu übertreffen. Hierfür ausschlaggebend war wohl vor allem auch der Wechsel von festen Perspektiven zu der Third Person, wodurch sich das Spielerlebnis noch immersiver und präziser anfühlte. Und auch die Grafik machte im Vergleich zu den Vorgängern einen deutlichen Sprung: So konnte man aufgrund des recht späten Releases in der Lifetime des Gamecube und der PS2 die Architektur der beiden Konsolen deutlich besser verstehen und nutzen, als es vorangehenden Spiele auf den gleichen Konsolen möglich war. Letztendlich erreichte Resident Evil 4 sowohl auf der PlayStation 2 als auch dem Gamecube einen Metascore von 96, womit es noch immer als eines der besten Spiele aller Zeiten gilt.

Das Remake von Resident Evil 4 hatte es diesbezüglich ein wenig einfacher: Die Neuauflage des dritten Ablegers „Nemesis“ kam bei Kritikern nur sehr durchwachsen an. Auch wird aktuell deutlich, dass sich ein zunehmend großer Teil der Spielerschaft nach weniger komplexen und deutlichen kürzeren Games zu sehnen scheint. Große Spiele wie Assassins Creed: Valhalla und Konsorten werden immer wieder für ihre undurchdachte Spielwelt und die zu vielen und uninteressanten Aufgaben wie Orte kritisiert. Das Resident Evil 4 Remake bietet bei genauerer Betrachtung das genaue Gegenteil zu aktuellen Open World Games: Es ist linear, wenn auch in einzelnen Abschnitten noch so offen, dass der Spieler zum Erkunden und Entdecken eingeladen wird. Und dabei wird man fast in jedem falle ausgiebig belohnt, wobei jene Belohnung immer den Aufwand wert zu sein scheint. Auch ist das Gameplay so simpel gehalten, wie es nur sein könnte: Man kann laufen, zielen und schießen; Skilltrees oder levelgebundenen Stats existieren nicht, es gibt also keine Grindingaspekte, welche das Spiel unnötig in die Länge ziehen könnten. Lediglich die eigenen Waffen lassen sich ein wenig verbessern, wobei die Möglichkeiten auch hier recht begrenzt sind und man die nötige Währung hierfür zumeist recht schnell gesammelt hat. Außerdem ist das Gameplay im Gesamten deutlich langsamer als das, der meisten aktuellen Spiele. Diese Entschleunigung macht sich beim Spielen im Vergleich zu vielen anderen aktuellen Spielen deutlich bemerkbar, ist jedoch keinesfalls als negativ zu werten. Vielmehr wird einem hierbei der Spiegel vorgehalten; man nimmt durch das Spielen von Resident Evil 4 wahr, wie schnelllebig unser Alltag und auch die Videospiellandschaft an sich geworden ist. Das Remake fühlt sich dementsprechend stellenweise fast schon wie eine Art Entspannungstherapie an.

(entnommen aus: https://static.fore.4pcdn.de/premium/Screenshots/19/77/92655147-vollbild.jpg)

Jedoch wird diese Entspannung immer wieder von den sehr durchdachten Action-Abschnitten gebrochen. Der Kampf fühlt sich in Resident Evil fast immer durchweg fair an. Normale Gegner wirken immer bezwingbar, können jedoch in größeren Mengen durchaus gefährlich werden. Stärkere Feinde hingegen schlucken anfangs mehrere Magazine der normalen Pistole, weswegen man vermuten könnte, dass diese unbesiegbar sein. Jedoch wird man belohnt, wenn man eben jene Gegner schlussendlich dann doch bezwingt. Die Bosskämpfe stellen jedoch gewissermaßen ein zweischneidiges Schwert dar. Oft besitzen sie Angriffe, welchen man unter Umständen nicht ausweichen kann. Auf den niedrigeren Schwierigkeitsgraden stellt dies nur ein geringes Problem dar, da die Bosse dabei nie allzu viel Schaden an Leon anrichten. Dadurch werden die Bossgegner lediglich zu etwas stärkeren Gegnern, von Ihnen geht aber nie eine große Gefahr aus.Auf der schwersten Stufe jedoch wirken Bosse fast schon wie aus der Dark Souls Reihe entnommen, wobei sich hierbei jedoch noch eine andere Verbindung feststellen lässt: Man kann die jeweiligen Bosse und ihre Muster lernen. Dadurch wird das Spiel sehr attraktiv für erneute Runs und eventuell gar für das Speedrunning.

Die Grafik des Spieles überzeugt mit schönen Details und optionalen Funktionen, wie einem besseren Rendering von Haaren, wodurch das Remake von Resident Evil 4 mal so eben zur schönsten Darstellung von Haaren wird, welche ich in einem Videospiel jemals gesehen habe. Dabei bleibt das Spiel jedoch immer recht Sparsam bei der GPU-Leistung, und das auch beim Aktivieren von RayTracing. So konnte ich mit einer 3060TI trotz RTX immernoch weit über 100 FPS im Durschnitt erreichen und das auch ganz ohne DLSS. Ebenso lief das Spiel auch mit Day One Treibern außerordentlich stabil; Spiele wie Cyberpunk können sich hier eine Scheibe abschneiden. Jedoch kam es auch hier vereinzelt zu Crashes, welche jedoch relativ selten waren und nie den erreichten Fortschritt allzu weit zurücksetzten.

Und die Story? Am besten beschreiben kann man sie als Resident Evil typisch. So bleibt die Handlung immerzu recht flach mit Stumpfen Zielen wie „erreiche diesen Ort“ oder „töte diese Person“. Wo die Handlung schwächelt, zeigen jedoch die Charaktere ihre Stärken: Hier überzeugt vor allem die englische Synchronisation des Spieles, welche schlichtweg als grandios wirkt. Aber auch die Authentizität der einzelnen Charaktere ist vor allem im Vergleich mit anderen großen Titeln nicht zu vernachlässigen. Zu keinem Zeitpunkt fühlte sich das Spiel in irgendeiner Weise gekünstelt an; immer hatte man als Spieler das Gefühl, dass die Protagonisten der Geschichte wirklich versuchten, ihre Ziele durchzusetzen. Nicht jeder Charakter, gut wie böse, hat hierbei jedoch das gleiche Ziel, was die Glaubwürdigkeit nur weiter unterstützt.

Die Spielerreviews kritisieren das Remake vereinzelt jedoch immer wieder für verschiedene Aspekte. So sei es vor allem die Steuerung, welche vielen Spielern Schwierigkeiten bereitet hätte. Hierzu sei nur gesagt: Die Steuerung ist in ihren Möglichkeiten recht begrenzt. Ausweichen kann man nur in Form von Quicktime-Events, welche nicht bei allen Angriffen zu finden sind. Man muss sich beim Ausweichen also fast ausschließlich auf die normale Bewegung verlassen, was meiner Meinung nach jedoch keinen Negativpunkt darstellen muss. So kann man sich als Spieler recht schnell an die Steuerung gewöhnen und lernen, diese zum Vorteil zu nutzen. Auch werden oft die im Spiel verfügbaren Challenges kritisiert, welche oft sehr schwer oder schier unmöglich zu sein scheinen. Erneut sei dem widersprochen: Ja, es ist recht schwer, die Challenges auf ihrem höchstmöglichen Rang abzuschließen. Jedoch kann man diesen Rang mit ein wenig Übung und Zeit ohne Probleme erreichen. Hierbei lässt sich also wieder erkennen, dass viele Spieler wohl mit der Erwartung, welche sie durch moderne und weitaus schnellere Spiele gesammelt haben, an das Spiel herangetreten sind.

Einem Kritikpunkt der User-Reviews lässt sich jedoch zustimmen. Hierzu ein wenig Kontext: Beim Launch von Resident Evil 4 konnte man lediglich das Spiel in seiner Standard- oder in einer Deluxe-Edition erwerben. Bei eben dieser Deluxe Edition erhält man einige Gimmicks wie Kostüme oder den alten Spielsoundtrack. Jedoch bekommt man aber auch Zugang zu einigen nicht anderweitig freischaltbaren Waffen. Ob diese nun besser als die standardmäßig verfügbaren Waffen sind, kann ich nicht beurteilen, da ich nur die normale Edition des Spieles besitze. Capcom fügte jedoch nach Release des Spieles die Möglichkeit ein, die Waffen und auch die Gimmicks für jeweils ein bis vier Euro einzeln zu erwerben. Dies stellt jedoch nur den Gipfel des Eisberges dar. Auch erwerbbar sind nämlich Upgrade-Tickets für die die Waffen selbst, wodurch sich einzigartige Boni für jeweils jede Waffe freischalten lassen. Im normalen Spielverlauf kann man eines, oder maximal zwei dieser Tickets finden. Über den Steam-Store kann man sich jedoch gleich fünf dieser Tickets für ganze zehn Euro kaufen. Diese Vermarktung grenzt fast schon an Pay-To-Win, jedoch ohne, dass man dabei gegen andere Spieler gewinnen kann. Man entledigt sich aber deutlich der eigentlich angedachten Herausforderung des Spieles. Wer möchte soll sich diese Inhalte gerne zulegen, jedoch ändert dies nichts an der Problematik: Auch Singleplayer-Games bleiben heutzutage nicht von unnötigen non-kosmetischen Microtransactions verschont, was eine meiner Meinung nach gruselige Entwicklung ist.

Alle kostenpflichtigen Zusatzinhalte, welche für Resident Evil 4 auf Steam verfügbar sind.

Fazit:

Resident Evil 4 stellt fast schon eine Wiederbelebung der totgeglaubten Singleplayer-Action Adventures dar. Capcom macht mit diesem Spiel deutlich, dass es auch in der heutigen Zeit noch möglich ist, kleinere unkompliziertere Spiele zu großen Mengen zu verkaufen. Das Gameplay wie auch die allgemeine Technik des Spieles überzeugen und machen Spaß. Die Fachpresse scheint dem wohl auch zustimmen zu können, das Spiel erzielte auf Metacritic nämlich einen Durchschnitt von 93 von 100 Punkten, womit es mit großartigen Titeln wie Persona 5, GTA 3 aber auch Minecraft oder auch dem God of War Reboot von 2018 gleichzieht. Es existieren also nur wenige perfektere Spiele als das, was Capcom mit dem Remake des allseits geliebten Klassikers von 2005 veröffentlichte. Was jedoch keinen Spaß macht, sind unnötige Microtransactions, welche verzweifelten Spielern das Geld aus der Tasche ziehen. Hier muss nachgearbeitet werden, auch wenn ich nicht glaube, dass sich dies beim nächsten Resident Evil ändern wird. Hierfür ist die Serie im Allgemeinen in den letzten Jahren (auch) leider viel zu erfolgreich. Dies bietet jedoch auch das Potential für Capcom, die kommenden Spiele noch besser zu gestalten, als sie es beim Remake von Resident Evil 4 taten. Und vielleicht lernen sie dann ja auch aus den wenigen Fehlern, welche sich beim Remake von Resident Evil 4 finden lassen.

Share this content:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner